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Simon Rüdiger

Das Medizinalwesen im Königreich Hannover 1813-1866: Transformationsprozesse im Kontext staatlicher Medizinalpolitik.

Das Königreich Hannover war ein Produkt der napoleonischen Kriege und wurde im Jahre 1813 als Nachfolgestaat des Kurfürstentums Hannover errichtet. Bis zum raschen Übergang zu Preußen im Jahre 1866 entwickelte das Königreich ein eigenes und zum Teil eigenständiges Medizinalwesen. In dieser Arbeit wird untersucht welche Kräfte die Entwicklung des Medizinalwesens beeinflussen. Von der notgedrungenen Improvisation am Anfang des Königreiches bis hin zur liberalen und demokratischen Einbeziehung der Ärzte im Vormärz gibt es interessante Entwicklungen des hannoverschen Medizinalwesens aufzuzeigen.

Diese Arbeit stellt sich in erster Linie die Frage, welche Rolle der hannoversche Staat in dem komplizierten Prozess der Entwicklung des Medizinalwesens spielte. Die Zeit von 1813 bis 1866 war insgesamt und speziell in Hannover eine Zeit des Übergangs, von der „alten" Medizin (Humoralpathologie) zur „modernen" Medizin (Zellularpathologie). Die Grenzen zwischen moderner Medizin und anderen Heilversuchen waren aber noch nicht eindeutig erkennbar. Die Frage ist also, wie der Übergang stattfand und welche Faktoren ihn bestimmten. Es geht hier aber nicht um das gesamte Medizinalwesen des Königreiches, sondern es geht ausschließlich um das Wirken des Staates im Hinblick auf das Medizinalwesen.

Zunächst einmal gab es nach 1800 eine eher paternalistisch ausgeprägte Medizinalpolitik, die den Nutzen für das Staatswesen betonte. Hier spielten einzelne Ärztepersönlichkeiten eine wichtige Rolle. Auf der anderen Seite lassen das liberale Gedankengut der 30er- und 48er-Revolution eine ganz andere Medizinalpolitik auf den Plan treten. Dieser Gegensatz und damit das Spannungsfeld zwischen Obrigkeitsstaat und Liberalismus werden in den Blick genommen. Im Hinblick auf die Rolle des Staates stellen sich aber noch weitere Fragen: Wie und wo handelte beispielsweise der Staat im Hinblick auf die medizinischen Herausforderungen des 19. Jahrhunderts (z. B. Epidemien, Impfungen etc.)? Hat der hannoversche Staat den medizinisch-wissenschaftlichen Fortschritt gefördert und inwieweit hat er Einfluss auf die Medizin genommen?

Abschließend ist dann zu fragen, ob sich die allgemeine Entwicklung des Medizinalwesens auch in Hannover abbildete und inwieweit die großen Entwicklungen der Medizin überhaupt das Königreich Hannover betrafen. Dabei wird auch ein Vergleich mit anderen deutschen Staaten erforderlich sein, insbesondere mit Preußen.

Die Quellenlage erfordert bei dieser Arbeit ein besonderes Vorgehen, da die Akten des hannoverschen Innenministeriums 1945 fast in Gänze zerstört wurden. Vornehmlich an Hand der königlichen Erlasse und Verordnungen soll daher die Entwicklung untersucht werden. Sie liegen zudem vollständig in digitaler Form vor. Ab dem Vormärz stehen weiterhin einige medizinische Zeitschriften als Erkenntnisquelle zur Verfügung, die im Quellencharakter einen spannenden Umbruch einleiten.

Betreuung: Prof. Cornelius Borck