Skip to main content

Sexdiversity

Determinanten, Bedeutung und Auswirkungen von Geschlechterdiversität in soziokulturellen, medizinischen und biologischen Kontexten

Universität zu Lübeck erhält einen neuen Sonderforschungsbereich zur Diversität biologischen Geschlechts
DFG-Förderung ab 2024

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert ein neues wissenschaftliches Großprojekt an der Universität zu Lübeck: Wie die DFG heute (24.11.2023) mitgeteilt hat, wird der Sonderforschungsbereich (SFB) „Sexdiversity - Determinants, meanings and implications of sex diversity in socio-cultural, medical and biological landscapes“ in den kommenden vier Jahren mit bis zu zwölf Millionen Euro unterstützt. Das Konsortium vereint 27 Forschende in 17 Einzelprojekten der Medizin, Lebenswissenschaften, Geistes- und Sozialwissenschaften und wird seine Arbeit im April 2024 aufnehmen. Sprecher ist Prof. Dr. med. Olaf Hiort, Co-Sprecher ist Prof. Dr. phil. dipl. biol. Christoph Rehmann-Sutter.

Der geförderte SFB widmet sich der wissenschaftlichen Erforschung des biologischen Geschlechts, also des Körpergeschlechts (englisch „sex“). Die Entstehung und Kategorisierung von Geschlecht überhaupt und die Beziehungen zwischen biologischem und sozialem Geschlecht (englisch „gender“) gehören zu den komplexesten Aspekten im Verständnis des menschlichen Körpers. Neue biologische und medizinische Erkenntnisse sprechen für eine Reihe von somatischen Formen und Varianten auf mehreren Erscheinungsebenen, die sich nicht immer mit einer binären Kategorisierung von zwei sich gegenseitig ausschließenden Geschlechtern in Einklang bringen lassen. Darüber hinaus kann das Geschlecht nie als rein biologisches Merkmal betrachtet werden, sondern hat wichtige psychologische, gesellschaftliche und rechtliche Effekte.

Ausgangspunkt des SFBs bildet die Untersuchung von Varianten der Geschlechtsentwicklung (englisch „Differences of Sex Development“), oft auch „Intersex“ genannt. Durch ihre Erforschung lässt sich auf allgemeinere Mechanismen und Dynamiken der biologischen Geschlechtsentwicklung schließen. Dies betrifft verschiedene miteinander interagierende Ebenen – von Genen und Hormonen, über Zellen und Organe, bis hin zu Organsystemen, Organismen und gesellschaftlichen Kontexten. Durch empirische Forschung wird der SFB dazu beitragen, die herkömmliche Kategorienbildung von Körpergeschlecht zu hinterfragen und anhand objektiverer Kriterien zu präzisieren.

Die zentrale Hypothese, die es im SFB zu überprüfen gilt, ist, dass sich biologisches Geschlecht in kontextabhängigen Differenzen manifestiert, die sich auf mehreren Ebenen zeigen und zu vielfältigen Ausprägungen führen können.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Universität zu Lübeck

Zu den besonderen Innovationen des SFB gehört der inter- und transdisziplinäre Zugang, der die vermeintlichen ‚zwei Kulturen‘ von Natur- und Geisteswissenschaften verbindet. Die 17 einzelnen Forschungsprojekte zielen sowohl auf molekulare als auch systemische Ebenen von Geschlecht. Sie werden neue Erkenntnisse über die Biologie der Geschlechterdifferenzierung, die Bedeutung von Geschlecht in der klinischen Praxis und biomedizinischen Forschung sowie über soziokulturelle Bildung von Geschlechtskategorien bringen. Dabei kommen modernste Methoden aus den Forschungsbereichen der Genetik, Endokrinologie, Neurowissenschaften, Künstlicher Intelligenz (KI), Wissenschaftsgeschichte, Ethik, Soziologie, Geschlechterforschung und den Kulturwissenschaften zum Einsatz.

Das Leitungsgremium des SFBs spiegelt den inter- und transdisziplinären Zugang des SFBs: Der Mediziner Olaf Hiort kommt aus der Endokrinologie, der Philosoph Christoph Rehmann-Sutter hat einen Hintergrund in Molekularbiologie und Bioethik. Von den drei weiteren Mitgliedern des Leitungsgremiums kommt Ulrike Krämer aus den Neurowissenschaften, Lisa Malich aus der Psychologie und Wissenschaftsgeschichte und Malte Spielmann aus der Humangenetik.

Zum transdisziplinären Zugang des SFBs gehört die Interaktion mit Betroffenen von Varianten der Geschlechtsentwicklung, Patient*inneninitiativen und Interessensgruppen. Die Struktur des SFBs sieht vor, gesellschaftliche Akteur*innen mit in den Forschungsprozess einzubeziehen, sodass eine größtmögliche Partizipation erzielt werden kann.

International anerkannte Stellung in der DSD-Forschung

Die Universität zu Lübeck bietet aufgrund ihrer international führenden Stellung in der Forschung zu Varianten der Geschlechtsentwicklung eine hervorragende Basis für den Aufbau eines beispielhaften und einzigartigen Forschungskonsortiums zur Diversität von biologischem Geschlecht. Dazu kommt eine hochspezialisierte geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung in Lübeck, die sich mit einer Reflexion von Medizin und Lebenswissenschaften beschäftigt. Durch frühere nationale und internationale Förderungen sind Netzwerke entstanden, welche einen idealen Ausgangspunkt für das geplante SFB-Projekt bilden.

Langjährige Kooperation mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel wird intensiviert

Im Zuge des SFB-Projektes werden Wissenschaftler*innen, Forscher*innen und Kliniker*innen der Universität zu Lübeck zusammengebracht, die in ihren jeweiligen Fachgebieten über große Expertise verfügen und bereits an grundlegenden, translationalen und klinischen Aspekten der geschlechtsbezogenen Forschung mitgearbeitet haben.

Ergänzt werden sie durch Expert*innen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, mit denen langjährige wissenschaftliche und klinische Kooperationen bestehen. Hinzu kommen ausgewählte externe Forscher*innen aus Berlin, Flensburg, Magdeburg, München und Hannover mit spezifischer Expertise in der Behandlung von Varianten der Geschlechtsentwicklung, in Wissenschafts- und Geschlechterforschung sowie in rechtlichen Aspekten der Geschlechtervielfalt.

In Zukunft gehören drei Sonderforschungsbereiche zur Universität zu Lübeck

Sonderforschungsbereiche (SFB) sind langfristige, auf die Dauer von bis zu zwölf Jahren angelegte Forschungseinrichtungen der Hochschulen. Durch die Bewilligung des neuen SFBs gehören nun zukünftig drei Sonderforschungsbereiche zur Universität zu Lübeck. Eines dieser Großprojekte läuft seit 2022 und heißt „Pathomechanismen Antikörpervermittelter Autoimmunerkrankungen (PANTAU): Erkenntnisse durch Pemphigoid-Erkrankungen“ (SFB 1526). Seit 2020 läuft der Transregio-SFB „Lokale Kontrolle der Schilddrüsenhormonwirkung (LocoTact)“ (SFB/TR 296) an der Universität zu Lübeck in Kooperation mit der Universität Duisburg-Essen. Der Sonderforschungsbereich „Sexdiversity“ (SFB 1665) bringt mit dem Geschlecht und dem inter- und transdisziplinären Zugang eine neue thematische Fokussierung ein, die für die Universität zu Lübeck strukturbildend sein wird.

Der SFB gliedert sich in drei Projektgruppen: die M-Projekte, welche molekulare Faktoren und Mechanismen untersuchen, die S-Projekte, welche systemische Mechanismen und Beziehungen betrachten und die Z-Projekte, die die wissenschaftlichen Projekte durch eine zentrale Verwaltung administrativ unterstützen.

Hier geht es zu den M-Projekten.
Hier geht es zu den S-Projekten.
Hier geht es zu den Z-Projekten.

Weitere Informationen zum Leitungsgremium.