Zeitdimensionen des Ethischen
Zeit besitzt die Eigenschaft, nur als Konflikt erfahrbar zu sein; damit ähnelt sie der Gesundheit.
Divergierende Zeitvorstellungen gehören zu den Grundkonflikten unterschiedlicher sozialer und kultureller Gruppen. Die Macht der Zeit bestimmt Handlungs- und Prozessabläufe, setzt Wert- und Normvorstellungen, hält Mensch und Gesellschaft im Bann. Gleichwohl können auch ethische oder politische Vorgaben zeitliche Strukturen ordnen. Zeit ist ein wesentlicher Zug des Lebens, einer jeden Entscheidung und Handlung, sei es in Wissenschaft oder im Alltag. Doch wie die Zeit erfahren und verstanden wird, ist historisch, kulturell und gesellschaftlich unterschiedlich und hängt zudem ab vom jeweiligen persönlichen, institutionellen oder sozialen Kontext.
Die Zeiterfahrung und das Zeitverständnis sind eingebunden in die Zeit, in der wir leben; in die jeweilige Epoche, in der die Alltagszeit und die Lebenszeit unterschiedlich erfahren werden. Jede Epoche hat ihre eigenen lebenswissenschaftlichen und gesellschaftlich-kulturellen Zeitregime, die in zeitphänomenologischer, sozialphilosophischer oder kulturtheoretischer Perspektiven herausgearbeitet werden können. Wie aber beeinflussen die zeitliche Gestaltung von Handlungen und gesellschaftlicher Prozesse ethische Auffassungen und Entscheidungen? In welcher Weise rufen zeitliche, auch räumliche Strukturen, unterschiedliche Verantwortungsethiken hervor?
Publikationen
Schües, C. & Delhom, P. (2016). Zeit und Frieden, Reihe: Friedenstheorien, Bd. 2, Freiburg / München: Alber. [Darin: Einleitung: Zeitphilosophische Herausforderungen eines Denkens des Friedens, 7-28; Friedenswege in zeitlicher Diskontintuität, 224-254]
Schües, C. (2016). Transzendenz in Beziehung. Zur Diskontinuität der Zeit, In: B. Liebsch (Hg.): Der Andere in der Geschichte – Sozialphilosophie im Zeichen des Krieges. Ein kooperativer Kommentar zu Emmanuel Levinas' "Totalität und Unendlichkeit". Freiburg/ München: Alber, pp. 323-344.
Schües, C. (2015). Situative Identität? Sozialität und Selbstverhältnis unter dem Zeitregime der Spätmoderne, In: Holger Zaborowski, Željko Radinkovic, Rastko Jovanov (Hg.), Phänomenologische Ontologie des Sozialen. Verlag Institut für Philosophie und Gesellschaftstheorie, Belgrad, pp. 35-60. philpapers.org/archive/JOVPOD.pdf
Schües, C. (2014). Die Zeitsensibilität der Menschen und die Zeitregime des Alters. Zeitschrift für praktische Philosophie, 1(1), 99-135. https://www.praktische-philosophie.org/zfpp/article/view/69/59
Schües, C. (2014). Age and Future. In: S. Stoller (ed.), The Coming of Age. Simone de Beauvoir on Age and Aging. Berlin: De Gruyter, pp. 215-230. www.degruyter.com/view/title/305571
Schües, C., Olkowski D. & Fielding, H. (2011). Time in Feminist Phenomenology. Bloomington: Indiana University Press.
